Wurde Ihr Neukundenbonus verweigert, mit dem Argument, Sie seien gewerblich oder freiberuflich tätig oder Sie würden den Strom nicht ausschließlich privat nutzen?

Einige Anbieter knüpfen den Neukundenbonus daran, dass Kunden diesen nur rein privat nutzen dürfen. (siehe Studie). 

Verbraucher haben sich über die Stromanbieter 365 AG (ehemals Almado; Vertriebsmarken: immergrün, Meisterstrom), Fuxx Sparenergie (Grüner Funke) und Strogon beschwert, dass ihr Neukundenbonus verweigert wurde, weil sie ihre Abnahmestelle gewerblich, freiberuflich oder nicht ausschließlich privat genutzt haben. Legen Sie Einspruch gegen die Verweigerung des Bonus ein. Gerichte haben in letzter Zeit häufig zu Gunsten der Verbraucher entschieden.

Bonus verweigert immergrün

 

 

 

I. Ihre Erfolgsaussichten sind gut und hängen maßgeblich von der Formulierung der AGBs ab

Der bonusberechtigte Personenkreis wird häufig in den AGBs eingegrenzt und ermöglicht den Versorgern, den teuren Bonus zu verweigern. Dies sei anhand der AGB 9(4) des Stromanbieters 365 AG (immergrün!Energie; Meisterstrom; IdealEnergie) verdeutlicht.

In einer älteren Version wird der Bonus folgendermaßen eingeschränkt: „Der Bonus und Frei-kWh werden ausschließlich Haushaltskunden gewährt. Für gewerblich genutzte Abnahmestellen besteht bei Privatstromtarifen kein Bonusanspruch.“ Gemäß § 3 Nr. 22 EnWG sind Haushaltskunden „Letztverbraucher, die Energie überwiegend für den Eigenverbrauch im Haushalt oder für den einen Jahresverbrauch von 10.000 Kilowattstunden nicht übersteigenden Eigenverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke kaufen“. Demnach dürfen Haushaltskunden Strom auch für gewerbliche Zwecke nutzen. Aufgrund dieses Widerspruchs sprach das LG Köln (6 S 119/15) dem Verbraucher den Bonus zu.

In einer Version aus 2013 entfiel der widersprüchliche Zusatz „Haushaltskunde“:

„Der Bonus und Frei-kWh werden ausschließlich Privatkunden gewährt. Für gewerblich oder freiberuflich genutzte Abnahmestellen besteht bei Privatstromtarifen kein Bonusanspruch.“

Aber auch bei dieser überarbeiteten AGB sprachen Gerichte den Verbrauchern in den folgenden Fällen den Neukundenbonus zu:

Anscheinend kann sich Energieversorger 365 AG allem Anschein nach auf gewonnene Entscheidungen (z.B. AG Mainz vom 13.08.14 und das AG Köln (AZ: 222 C 416/14)) berufen, bei denen vom Gericht die Bonusverweigerung aufgrund einer gewerblichen Tätigkeit bestätigt wurden. Vor diesem Hintergrund ist große Vorsicht geboten! Seien Sie aber auch skeptisch gegenüber den vorgelegten Gerichtsurteilen. Das Unternehmen 365 AG, z.B., stützt sich häufig bei der Bonusverweigerung auf Gerichtsurteile, die sich auf anders formulierte AGBs berufen (siehe z.B. LG Köln (AZ: 6S 119/15)).

In der Zwischenzeit hat der Energieversorger 365 AG (immergrün) seine Einschränkung weiter verschärft: Der Bonus wird „nur Kunden gewährt, die die im Energieliefervertrag genannte Abnahmestelle ausschließlich privat nutzen. Abnahmestelle ist die im Vertrag vereinbarte Lieferstelle. Ausschließlich privat genutzt wird die Abnahmestelle, wenn sie weder gewerblich, landwirtschaftlich noch freiberuflich genutzt wird. Eine gewerbliche Nutzung der Abnahmestelle liegt dann vor, wenn an dieser eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt oder verwaltet wird (insb. Herstellung und Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen und damit einhergehende Verwaltungstätigkeiten). Soweit bei Gewerbekundentarifen ein Bonus (insbesondere prozentualer Bonus und Sofortbonus) vereinbart worden ist, wird dieser dann nicht gewährt, wenn der Kunde die Energie nicht in seiner Eigenschaft als Unternehmer i. S. d. § 14 BGB verbraucht.“ (Stand Februar 2017; AGB 9 (2) und (3)) Auch Strogon sieht in seinen AGBs ähnliche Einschränkungen vor: „Wenn Sie oder ein Dritter in Privatkundentarifen Ihre Abnahmestelle gewerblich oder freiberuflich nutzen, beachten Sie bitte, dass wir Bonusgutschriften nicht gewähren können, da der Bonus nur bei reiner Privatnutzung der vertraglichen Abnahmestelle vorgesehen ist.“ (Stand Februar 2018)

In früheren Versionen könnte die Abgrenzung zwischen privater und beruflicher Nutzung als unbestimmt angesehen werden, weil nicht eindeutig ist, ab wann die private Nutzung aufhören soll. In der AGB-Version von November 2016 wurde ein weiterer Satz aufgenommen: „Eine gewerbliche Nutzung der Abnahmestelle liegt dann vor, wenn an dieser eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt oder verwaltet wird (insb. Herstellung und Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen und damit einhergehende Verwaltungstätigkeiten).“ Ob in dieser aktuellen AGB die Abgrenzung zwischen privater und beruflicher Nutzung als bestimmt angesehen werden kann, ist schwer zu beurteilen. Deshalb könnte die Klausel nach §307 BGB nach wie vor unwirksam sein. Wenn die Gerichte dieser Auffassung allerdings nicht folgen (dies wird z.B. hier berichtet), dann haben Verbraucher deutlich größere Schwierigkeiten ihren Neukundenbonus durchzusetzen, wenn sie z.B. eine Ferienwohnung oder Internetseiten betreuen oder gar nebenberuflich tätig sind. Unerfreulicherweise bewertet das LG Köln (6 S 119/15) einer älteren Fassung der 365 AG aus dem Jahr 2016 („ausschließlich Haushaltskunden bei ausschließlich privater Nutzung“) als geeignet an, um bei jeder gewerbliche Nutzung den Bonus verweigern zu können.

II. Die AGBs werden zunehmend als überraschend und damit als unwirksam angesehen

Die aktuellen AGB-Fassungen der Stromanbieter immergrün (365AG), Fuxx Sparenergie (Grüner Funke), Wunderwerks AG und Strogon sehen vor, dass auch Kunden mit z.B. einer geringfügigen beruflichen (Neben-) Tätigkeit vom Neukundenbonus ausgeschlossen sind. Der Begriff „Haushaltskunde“ sieht allerdings gemäß §3 EnWG vor, dass auch Strom für landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke gekauft werden dürfen.

Diese weitere Einschränkung des Personenkreises, denen ein Neukundenbonus zusteht, müsste aufgrund des Widerspruchs demnach überraschend und somit als unwirksam anzusehen sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Rahmen der Vertragsanbahnung kein deutlicher Hinweis auf diese branchenunübliche Einschränkung vorgelegen hat. Ob deutsche Gerichte dies einheitlich so sehen, bezweifle ich inzwischen. Mir liegen zwei Urteile zu diesem Sachverhalt vor, bei dem es um einen Online-Versandhandel ging. Das AG Köln (AZ: 222 C 416/14) sah die erste Fassung der 365 AG als nicht überraschend an. Das LG Köln bewertete hingegen im Jahr 2016 (AZ: 26 O 505/15) diese Klausel als intransparent und auch als überraschend. Der verwendete Begriff „Haushaltskunde“ sei unbestimmt und diese werden auch nicht weiter konkretisiert in den AGBs. „Es ist für einen durchschnittlichen Kunden daher nicht klar, was ein ‚Haushaltskunde‘ ist und wann eine ‚ausschließlich private Nutzung‘ vorliegt.“

Das OG Köln (AZ: 6 U 132/16) bestätigte das Urteil des LG Köln. Das Urteil des OG Köln ist rechtskräftig, jedoch wird in der aktuellen AGB-Fassung (Stand Julie 2018) nicht mehr der Begriff „Haushaltskunde“ verwendet:

„Privatkunden sind Kunden, die die Abnahmestelle weder gewerblich, landwirtschaftlich noch freiberuflich nutzen. Eine gewerbliche Nutzung der Abnahmestelle liegt dann vor, wenn an dieser eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt oder verwaltet wird (insb. Herstellung und Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen und/ oder damit einhergehende Verwaltungstätigkeiten).“ (AGB immergrün, 1 (6); Stand: 10.06.2018)

Zusammenfassend kann man festhalten, dass Ihre Erfolgsaussichten maßgeblich von der Formulierung der AGBs abhängt. Das LG und das OG Köln haben in 2016 und 2017 unterschiedliche Auffassungen von deutschen Gerichten abgewogen und eine Verweigerung des Bonus aufgrund gewerblicher, freiberuflicher oder nicht ausschließlich privater Nutzung als unzulässig eingestuft. Mit diesem Urteil wurden die Verbraucherrechte gestärkt und das Urteil wird bestimmt eine Signalwirkung für zukünftige Gerichtsentscheidungen sein. AGB-Anpassungen der 365 AG erschweren allerdings zum Einen die Vergleichbarkeit der Gerichtsurteile und zum Anderen reagiert das Unternehmen auf die Gerichtsurteile.

III. Ratschläge zum weiteren Vorgehen

  1. Überprüfen Sie, welche AGB-Version Ihnen bei Vertragsabschluss vorlag. Welche der vorgestellten AGB-Varianten kommt Ihrer Variante am nächsten, die Ihnen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorlag?
  2. Sofern bei Ihnen keine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit vorliegt, schreiben Sie eine E-Mail, in der Sie Widerspruch gegen den verwehrten Neukundenbonus einlegen und um Korrektur der Rechnung bitten. Setzen Sie auch eine angemessene Frist von ein bis zwei Wochen. Drohen Sie nicht mit der Schlichtungsstelle.
  3. Sofern die Nutzung des Stromanschluss zu über 50% für eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit bei Ihnen nachgewiesen werden könnte, empfehle ich Ihnen anstatt dieser E-Mail eine Beschwerde über Reclabox einzureichen. Wenn eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit bei Ihnen vorliegt und bei Vertragsabschluss die ältere AGB-Version vorlag, dann hätte eine Beschwerde bei der Schlichtungsstelle durchaus gute Erfolgsaussichten. Dies weiß natürlich auch der Stromanbieter. Vor diesem Hintergrund sollten Sie Ihre Beschwerde auf Reclabox mehr oder weniger fordernd stellen. Eine mögliche Beschwerde auf Reclabox für die ältere AGB der 365 AG könnte folgendermaßen aussehen:

Betreff: Bonusverweigerung aufgrund angeblichem Gewerbe

Vertragsnummer: xxxx

Kundennummer: xxxx

Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie haben mir mitgeteilt, dass mir der Bonus i.H.v. 25% aufgrund eines angeblichen Gewerbes nicht zusteht.

Folgende Formulierung Ihrer AGB lag mir zu Vertragsbeginn vor: „Der Bonus und Frei-kWh werden ausschließlich Haushaltskunden gewährt. Für gewerblich genutzte Abnahmestellen besteht bei Privatstromtarifen kein Bonusanspruch.

Nach dieser AGB dürfen Haushaltskunden den Strom nicht für gewerbliche Zwecke nutzen. Diese AGB steht jedoch im Widerspruch zum Begriff des Haushaltskunden nach §3 Nr. 22 EnWG. Aufgrund dieses Widerspruchs erkannte das LG Köln (AZ: 6 S 119/15) dem Verbraucher in einem vergleichbaren Fall den Bonus zu. Weiterführende Details zu meiner Argumente können Sie der folgenden Internetseite entnehmen: http://verbraucherhilfe-stromanbieter.de/neukundenbonus-verweigert-gewerbe/

Ich erwarte die korrigierte Stromabrechnung und die Überweisung meines Guthabens bis zum xx.xx.201x.

Mit freundlichen Grüßen

Meine Forderung: Anerkennung des Bonus und Korrektur der Abrechnung.

Wenn Ihnen eine neuere Version der AGB vorlag, dann stehen Ihre Erfolgsaussichten schlechter. Daher wäre der Text anzupassen: Lassen Sie den Verweis auf die Internetseite weg. Wählen Sie ein Gerichtsurteil, dass Ihrem Fall ähnelt und bei dem der Verbraucher der Neukundenbonus zugesprochen wurde. Übernehmen Sie die Argumente vom Text weiter oben.

4. Je nach Sachverhalt sollten Sie ein Kompromissangebot durch den Versorger in Erwägung ziehen. 

5. Überlegen Sie sich im Falle von Nachzahlungen, ob Sie bereit sind das Risiko einer Klage oder Mahngebühren einzugehen. Wenn Sie dazu bereit sind, dann wäre eine Zahlung des strittigen Betrags unter Vorbehalt von Nachteil, weil Ihr Versorger den strittigen Betrag nicht mehr freiwillig zurück geben wird und Sie daher selbst gezwungen wären zu klagen. In diesem Fall verschlechtert sich Ihre rechtliche Position, denn Sie und nicht mehr Ihr Stromanbieter tragen nun die Beweislast. Wenn Sie bereit sind das Risiko einer Klage oder Mahngebühren einzugehen, dann empfehle ich den strittigen Bonus vom Nachzahlungsbetrag abzuziehen.

6. Wechseln Sie am besten zu einen meiner empfohlenen Anbieter, die keine derartigen Bonus-Einschränkungen vornehmen! Im Gegensatz zu vielen anderen Internetseiten empfehle Ihnen nicht bequem über ein Vergleichsportal zu wechseln. Auf diesen Portalen stehen Anbieter mit vielen Verbraucherbeschwerden häufig weit vorne in der Rangliste und die Kundenbewertungen fallen selbst bei den Anbietern mit vielen Verbraucherbeschwerden überraschend positiv aus. Daher ist es wichtig, dass Sie selbst die Qualität des Stromanbieters bewerten. Hier habe ich meine empfohlenenAnbieter aufgelistet. Zudem zeige ich dort auf, wie Sie Wechselfehler vermeiden.

Autor: Matthias Moeschler; Stand: 15.11.2020

Haben Sie ein ähnliches Problem mit Ihrem Stromanbieter? Wenn ja, hinterlassen Sie gerne einen Kommentar. Ich werde Ihre Fragen beantworten.