Musterschreiben „Strom-Preiserhöhung in Tabelle“
Preiserhöhung wurde mitgeteilt
- Dieses Musterschreiben ist geeignet für Ihren Strom-Vertrag, wenn die Preiserhöhung in der Tabelle auf S. 2 angekündigt wurde
- Setzen Sie eine 14tägige Frist
- Senden Sie dieses Musterschreiben per Email, idealerweise zusätzlich per Einschreiben/Einwurf
- Bitte ersetzen Sie alle orangefarbenen Inhalte durch Ihre eigenen Daten!
Musterschreiben: E-Mail-Vorlage
Betreff:
Verbraucherbeschwerde – Unzulässige Preiserhöhung
Text:
Kunden-Nr.: xxx
Vertrags-Nr.: xxx
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit möchte ich Ihre Preiserhöhung anfechten:
- Die Preiserhöhung war versteckt und ist daher nicht wirksam.
- Die Preiserhöhung ist überzogen und daher ebenfalls nicht wirksam.
- Ich zweifle die Wirksamkeit Ihrer Preisänderungsklausel in Ihren AGBs an.
[liegt bereits eine Schlussrechnung vor, in der die Preiserhöhung enthalten ist? Wenn ja, dann verwenden Sie zusätzlich diesen Passus]
Zudem fordere ich Sie zur Korrektur der Abrechnung auf (sofern eine Nachzahlung gefordert wird, die ohne die Preiserhöhung nicht vorliegen würde, werde ich diese aufgrund meines Widerspruchs vorläufig nicht leisten)
Bitte beachten Sie, dass die Rechtsgrundlage für die Grundversorgung in diesen Fällen auch für Sonderkunden zutreffen. Ich verweise hierbei auf das Band „Berliner Kommentar zum Energierecht“. Die relevante Passage können Sie auch über diesen Link einsehen: https://forum.energienetz.de/index.php/topic,20355.msg118047.html#msg118047
Weiterführende Begründungen:
Zu 1.:
Das versendete Schreiben genügt nicht dem §41 (3) EnWG. Es ist nicht transparent, weil nicht klar ist, wie die Preiserhöhung sich zusammensetzt (es fehlt an einer Berechnungsgrundlage) und weil der alte Preis nicht genannt oder transparent ins Verhältnis gesetzt wird. Genau dies verlangt aber der BGH (VIII ZR 247/17) und das OLG Köln (6U 303/19) in seinen Urteilen. Allein deshalb ist die Preiserhöhung bereits unzulässig. Das OLG Köln fordert ferner, dass zur Transparenz auch gehört, auf welche Preisbestandteile (Steuern, Abgaben, Umlagen etc.) die Preiserhöhung beruht (siehe hierzu auch die später aufgeführte Berechnungsgrundlage von LEW).
Zudem wird die Preiserhöhung lediglich in einer Tabelle kommuniziert. Dies sind nur die offensichtlichsten Mängel Ihres Schreibens. Weitere Mängel, die die Preiserhöhung verschleiern, sind z.B.:
- Der Betreff der E-Mail weißt nicht eindeutig auf eine Preiserhöhung hin. Das LG Hamburg (Az: 312 O 453/18) urteilte, dass der E-Mail-Betreff eindeutig auf die Preiserhöhung hinweisen muss, um dem §41 (3) EnWG zu genügen.
- fehlende Hervorhebung der Preiserhöhung. Eine Hervorhebung ist jedoch zwingend geboten, wenn nicht ausschließlich Preisinformationen kommuniziert werden (OLG Köln, Az: 6 U 303/19).
- Das Wort „Preiserhöhung“ wird im Text nicht verwendet sondern geschickt umschrieben.
Sie haben den wahren Grund der Preiserhöhung nicht angegeben. Denn wie ich unter 2. noch darlegen werde, können die von Ihnen aufgeführten Gründe gar nicht die Preiserhöhung erklären. Sie haben somit auch diesbezüglich nicht transparent kommuniziert!
In Summe zeichnet sich das Anschreiben durch zahlreiche Eigenschaften aus, die die Preiserhöhung verschleiern. Diese Unzulänglichkeit wurde bereits in anderen Gerichtsverfahren bemängelt und Gerichte haben dem Verbraucher Recht gegeben (z.B. AG Wennigsen (AZ: 10 C 2/17); AG Delmenhorst (AZ: 44 C 4120/14 (I)); LG Hamburg Az.: 312 O 514/16); LG Düsseldorf (AZ: 12 O 177/14); OLG Düsseldorf (AZ: I-20 U 37/16); LG Köln (Az: 31 O 329/18)). Regelmäßig mahnt auch die Verbraucherzentrale derartige Preiserhöhungen ab (siehe z.B. hier: https://www.verbraucherzentrale.nrw/aktuelle-meldungen/energie/preiserhoehungen-in-emails-versteckt-vier-stromversorger-abgemahnt-26002)
Zu 2.:
Der Energieversorger darf (a) seinen anfänglichen Gewinnanteil (mit Ausnahme des Neukundenbonus) nicht erhöhen – die Preise dürfen nur im Rahmen der tatsächlichen Gesamtkostenentwicklung angepasst werden. Der Energieversorger darf somit den Umfang der Preiserhöhung nicht wahllos festlegen, sondern er muss diese (b) auf eine Berechnungsgrundlage stützen. Damit soll verhindert werden, dass der Energieversorger seine Gestaltungsmacht zu Lasten der Kunden ausnutzt. Mir als Verbraucher muss bei Vertragsabschluss möglich sein zu erkennen, in welchem Umfang spätere Preiserhöhungen auf mich zukommen können. Diesen Grundsatz haben Sie auch in Ihren AGBs verankert: „Der Energieversorger ist berechtigt und verpflichtet, eine Anpassung des Preises im Wege der einseitigen Leistungsbestimmung in Ausübung billigen Ermessens (§ 315 BGB) nach Maßgabe der Entwicklung der für die Preisbildung maßgeblichen Faktoren vorzunehmen.“ Zudem sichern Sie zu, dass Sie Kostensenkungen von Kostensteigerungen abziehen. Diesen Grundsatz können Sie nur erfüllen, wenn Sie eine nachvollziehbare Berechnungsgrundlage aufstellen, die Sie ja ohnehin Ihrem Kunden mitteilen müssen (siehe „Zu 1“ à BGH (VIII ZR 247/17)) und wenn Sie nicht willkürlich Ihre Preise erhöhen. Beides zweifle ich an, wie nachfolgend begründe:
- Aus meiner Sicht könnte eine nachvollziehbare Berechnungsgrundlage so aussehen, dass Sie z.B. alle variablen und fixen Kostensteigerungen (z.B. Steuern und Energiebeschaffungspreise; in Summe 2 Cent / kWh) und alle fixen Kostensteigerungen (z.B. Anstieg Kundenverwaltungskosten pro Kunde um 1 €) auflisten und im gleichen Verhältnis den Arbeitspreis (also auch um 2 Cent / kWh) und den Grundpreis (also um 1 €) erhöhen.
Seriöse Strom- und Gasanbieter stellen eine nachvollziehbare Berechnungsgrundlage auch in Sonderverträgen bereit.
Da dies bei Ihnen nicht gegeben ist, vermute ich, dass Sie Ihre Preise willkürlich erhöht haben. Meine Befürchtung wird durch b) bestätigt.
- Ferner dürfen Sie nur Kostensteigerungen weitergeben – Sie dürfen aber nicht Ihren Gewinn nachträglich steigern. Ich verweise dabei auf Ihre eigenen AGBs (Sie verpflichten sich Preiserhöhungen nach billigen Ermessens vorzunehmen und nach Maßgabe der Entwicklung der für die Preisbildung maßgeblichen Faktoren; Sie verpflichten sich sowohl kostensteigende als auch kostensenkende Preiskomponenten zu berücksichtigen etc.) und auf die ständige Rechtsprechung des BGH – siehe bspw. https://forum.energienetz.de/index.php/topic,20355.msg118047.html#msg118047
Auszug: „…berechtigen ihre Anpassungsrechte die Versorger zu Preiserhöhungen nur, soweit sie damit unvermeidbare Kostensteigerungen OHNE ERZIELUNG EINES ZUSÄTZLICHEN GEWINNS an die Kunden weitergeben und dabei Kostensenkungen auch zeitlich ebenso und nach den gleichen Maßstäben berücksichtigen wie Kostensteigerungen. Halten sich einseitige Preiserhöhungen nicht innerhalb dieser Grenzen, sind sie vom Anpassungsrecht des Versorgers nicht gedeckt und damit unwirksam.“
Die Höhe der Preiserhöhung lässt vermuten, dass Sie die Preise entgegen Ihrer AGBs nicht anhand der Kostensteigerungen vornehmen. Dies möchte ich nachfolgend begründen.
In diesem konkreten Fall handelt es sich um eine xx%ige Erhöhung des Grundpreises von xx € auf xx € und eine xx%ige Erhöhung des Arbeitspreises von xx Cent/kWh auf xx Cent/kWh. Auch wenn Ihre Betriebskosten nicht öffentlich zugänglich sind, so bezweifle ich, dass Ihre Gesamtkosten in diesem Umfang gestiegen sind und Ihre Preiserhöhung der Billigkeit (§315 I BGB) entspricht.:
[wenn der Grundpreis erhöht wurde => Text bis ENDE verwenden]
Sie haben den Grundpreis erhöht. Hierbei handelt es sich um den verbrauchsunabhängigen Preisbestandteil, der nur aufgrund von steigenden Fixkosten Ihres Betriebs (z.B. Kundenverwaltung) erhöht werden darf – arbeitspreisbezogene Preissteigerungen, wie z.B. Steuern und Energiebeschaffungskosten dürfen hingegen nicht einfließen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Ihre verbrauchsunabhängigen Kosten um xx% gestiegen sind haben. Daher ist davon auszugehen, dass
- Sie die Preiserhöhung nicht anhand einer nachvollziehbaren Kalkulationsgrundlage vorgenommen haben und
- Dass Sie die Preise deutlich stärker erhöhen als Ihre Kosten angestiegen sind. Dadurch ist davon auszugehen, dass Sie nicht nur die Kosten weitergeben, sondern dass Sie Ihren Gewinnanteil nachträglich steigern wollen. Dies ist aber nicht zulässig. [ENDE]
[wenn der Arbeitspreis erhöht wurde => Text bis ENDE verwenden]
Sie haben den Arbeitspreis erhöht. Hierbei handelt es sich um den verbrauchsabhängigen Preisbestandteil, der nur aufgrund von steigenden variablen Kosten Ihres Betriebs (z.B. Energiebeschaffung) erhöht werden darf – Preissteigerungen in Fixkosten, wie z.B. Investitionen in Service oder Digitalisierung dürfen hingegen nicht einfließen. Ob Sie sich an die Vorgaben (a) und (b) halten, kann ferner anhand der Preiserhöhungen von Grundversorgern abgeschätzt werden.
Die Preiserhöhungen in 2019 für Strom lagen zwischen 0,7% und 14,4% (Quelle: https://www.bild.de/media/stromerhoehungen-2019-58815394/Download/12900682.bild.pdf) und im Schnitt um 3,3% laut Bundesnetzagentur (Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/bundesnetzagentur-strompreise-so-hoch-wie-nie.1939.de.html?drn:news_id=1051800)
Es ist unwahrscheinlich, dass ihre arbeitspreisbezogenen Kosten (z.B. Steuern und Energiebeschaffungskosten) deutlich höher ausgefallen sind als bei allen anderen Unternehmen. Aufgrund der hohen Preiserhöhung ist anzunehmen, dass
- Sie die Preiserhöhung nicht anhand einer nachvollziehbaren Kalkulationsgrundlage vorgenommen haben und
- dass Sie die Preise deutlich stärker erhöhen als Ihre Kosten angestiegen sind. Dadurch ist davon auszugehen, dass Sie nicht nur die Kosten weitergeben, sondern dass Sie Ihren Gewinnanteil nachträglich steigern wollen. Dies ist aber nicht zulässig.[ENDE]
Es ist unrealistisch, dass für den Anbieter die Kosten derart gestiegen sind. Da die Beschaffungs- und Betriebskosten des Anbieters nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten ausmachen, müssten deren Kosten geradezu explodiert sein, um die die Erhöhung des Preises zu rechtfertigen! Dies ist unrealistisch. Weder die an der Börse gehandelten Beschaffungspreise noch die Jahresabschlüsse Ihres Unternehmens deuten auf derartige Preisanstiege in der Vergangenheit hin. Daher ist davon auszugehen, dass der Anbieter doch seinen Gewinn nachträglich gesteigert hat. Damit verstößt dieser nicht nur gegen geltendes Recht (BGH (VIII ZR 247/17)) sondern auch gegen seine eigenen AGBs, weil er sich selbst verpflichtet, lediglich Kostensteigerungen weiterzugeben!
Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung müssten Sie die Billigkeit der Preiserhöhung inklusive einer nachvollziehbaren Berechnungsgrundlage nachweisen. Ich fordere Sie hiermit auf, die Erforderlichkeit und Angemessenheit Ihrer Preiserhöhung anhand einer nachvollziehbaren und prüffähigen Kalkulationsgrundlage nachzuweisen. Ich bitte Sie zudem auf, Ihrer Pflicht nachzukommen und Kopien der für die Preisberechnung relevanten Dokumente mir zukommen zu lassen. Ich würde gerne selber überprüfen, ob die Kostensteigerungen durch Ihre eigenen AGBs gedeckt sind und Sie tatsächlich nur die Kostensteigerungen weitergeben.
Zu 3.:
Die Klauseln müssen den Anlass und den Modus der Änderung der Entgelte transparent darstellen, so dass der Verbraucher mögliche Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien absehen kann. (EuGH Az. C-359/11 und C-400/11; C-92/11). Der Verbraucher muss also einschätzen können, mit welchen Preisänderungen er rechnen darf/muss. Der BGH fordert ferner den Kunden aufzuklären, dass der Versorger die Pflicht hat, Kostensenkungen genauso wie Kostenerhöhungen nach den gleichen Maßstäben an den Kunden weiterzugeben (VIII ZR 225/07 Rn 23).
Wenn ich mir Ihre AGBs anschaue, so habe ich ernste Zweifel, ob all diese Anforderungen erfüllt sind. Selbst wenn Ihre AGBs diesen Anforderungen genügen, so habe ich unter 2. dargelegt, dass Sie diesen hier aufgeführten Anforderungen nicht nachgekommen sind.
FAZIT:
Ihre Preiserhöhung verstößt gegen das Gesetz und gegen Ihre eigenen AGBs, weil die Preiserhöhung versteckt mitgeteilt wurde, es an einer Berechnungsgrundlage offensichtlich fehlt (diese hätte mir auch aufgezeigt werden müssen!) und Sie ihren Gewinnanteil nachträglich steigern wollen. Auch Ihre Preisänderungsklausel ist wahrscheinlich nicht wirksam. Vor diesem Hintergrund ist die Preiserhöhung unzulässig. Ich fordere Sie hiermit auf, die Preiserhöhung zurückzunehmen.
Sollten Sie aufgrund dieses Sachverhalts die Abschlagszahlungen erhöht haben, fordere ich Sie auf, dies zurückzunehmen.
Für meine Forderungen setzen ich Ihnen eine 14-tätige Frist (xx.xx.202x)
Wenn Sie meiner Forderung nicht vollkommen nachkommen möchten, fordere ich Sie auf, die Rechtmäßigkeit der Preiserhöhung zu begründen und auf meine Argumente einzugehen. Tun Sie dies nicht, sehe ich mich in Recht und werde mich auf Kompromissangebote etc. nicht einlassen.
Mein begründeter Widerspruch gegen die Preiserhöhung hat die Nicht-Fälligkeit des Anspruchs zur Folge. Ich möchte Sie daher bitten, von Mahnungen, Sperrandrohungen etc. abzusehen. Ich kenne meine Rechte.
Mit freundlichen Grüßen
Vorname Nachname