Wann habe ich ein Sonderkündigungsrecht bei Strom & Gas?
Ihnen steht ein Sonderkündigungsrecht zu, wenn der Stromanbieter die Preise erhöht, die AGBs ändert oder seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommt. Des Weiteren kann ein Sonderkündigungsrecht bei Umzug vorliegen.
Autor: Matthias Moeschler; Stand: 15.10.2020
Ihre Sonderkündigungsrechte bei Strom und Gas
Am häufigsten nutzen Verbraucher Ihr Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhungen. Aber auch wenn andere Vertragsbestandteile geändert werden (z.B. die AGBs) oder der Anbieter den vertraglichen Pflichten trotz korrekter Mahnung nicht nachkommt, haben Sie ein Sonderkündigungsrecht. Fälschlicherweise vermuten viele Verbraucher, dass ihnen auch beim Umzug ein Sonderkündigungsrecht zustehen. Dies ist aber nur unter gewissen Voraussetzungen gegeben.
In jedem Fall sollten Verbraucher bei der Kündigung auf ihr spezifisches Sonderkündigungsrecht hinweisen und dies ggf. begründen. Es gibt leider Strom- und Gasanbieter, die ohne den Hinweis das Sonderkündigungsrecht nicht anerkannt haben.
Sonderkündigungsrecht aufgrund einer Preiserhöhung oder anderen vertraglichen Änderungen (z.B. AGBs)
Bei Preiserhöhungen steht dem Kunden ein Sonderkündigungsrecht zu. Das Sonderkündigungsrecht gilt auch, wenn lediglich staatliche Abgaben oder Umlagen (z.B. EEG-Umlage) an den Kunden weitergegeben werden (BGH, Az.: VIII ZR 163/16). Das Sonderkündigungsrecht gilt bis zum Wirksamwerden der Preiserhöhung oder der AGBs.
Sonderkündigungsrecht aufgrund Verletzung vertraglicher Pflichten
Viele übersehen, dass dem Kunden auch ein Sonderkündigungsrecht aus einem „wichtigen Grund“ zustehen kann. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn der Stromanbieter seinen vertraglichen Pflichten trotz mindestens vierzehntägiger Fristsetzung nicht nachkommt. Es muss dem Versorger eine mindestens vierzehntägige Frist eingeräumt werden, um ihm die Chance zu geben, vorliegende Fehler zu beheben. Bei Stromanbietern ergeben sich Sonderkündigungsrechte aufgrund Verletzung vertraglicher Pflichten insbesondere in den folgenden Fällen. Dieses Sonderkündigungsrecht durchzusetzen dürfte voraussichtlich viel Mühe abverlangen.
a) Zu hohe Abschläge
- Abschläge sind anhand des Vorjahresverbrauchs zu berechnen (§41 Abs (2) EnWG). Wenn Vorjahresverbrauchswerte, z.B. aufgrund eines Umzugs, nicht vorliegen, darf der Stromanbieter den durchschnittlichen Verbrauch vergleichbarer Kunden heranziehen. Wenn der Kunde einen geringeren Verbrauch nachvollziehbar begründet, so muss der Versorger dies angemessen berücksichtigen.
- Wenn der Stromanbieter z.B. die Abschläge erhöht und auf Nachfrage keine Begründung liefert, verletzt der Versorger seine vertraglichen Pflichten. Setzen Sie dem Stromanbieter eine mindestens 14-tägige Frist.
b) Fehlerhafte Stromrechnung
Ihr Stromanbieter muss Ihnen 6 Wochen nach Belieferungsjahr eine fehlerfreie Stromrechnung zukommen lassen. Kommt dieser seiner vertraglichen Verpflichtung nach schriftlicher Aufforderung und Fristsetzung von mindestens zwei Wochen nicht nach oder verweigert er sogar eine Stellungnahme, steht Ihnen ein Sonderkündigungsrecht zu. Fehlerhafte Stromrechnungen können z.B. bei falschen Zählerständen, zu Unrecht verweigerten Bonus-Zahlungen oder falschen Tarife vorliegen.
c) Nicht ausgezahltes Guthaben
Ergibt sich aus der Stromrechnung ein Guthaben (Rechnungsüberschuss), dann muss der Stromanbieter dieses Guthaben umgehend an die Verbraucher erstatten oder spätestens mit der nächsten Abschlagszahlung begleichen. Wenn der Stromanbieter trotz schriftlicher Aufforderung und Fristsetzung von mindestens zwei Wochen dieser Pflicht nicht nachkommt, steht Ihnen ein Sonderkündigungsrecht zu.
Ich befürchte, dass einige Stromanbieter das Sonderkündigungsrecht aus Verletzung vertraglicher Pflichten nur unter großem Protest anerkennen. Verbraucher müssen sich auch darauf einstellen, dass sie ihr Recht nur mit Hilfe eines Anwalts durchsetzen können.
Sonderkündigungsrecht aufgrund Umzug
Wenn Sie außerhalb der Grundversorgung mit Strom beliefert werden, haben Sie häufig kein Sonderkündigungsrecht bei Umzug. Ein Sonderkündigungsrecht steht Ihnen nur dann zu, wenn eines der drei folgenden Kriterien erfüllt ist:
- Stromanbieter gewährt freiwillig ein Sonderkündigungsrecht: Der Stromanbieter kann dem Verbraucher freiwillig ein Sonderkündigungsrecht bei Umzug einräumen. Ob Ihnen Ihr Stromanbieter dieses Recht einräumt, können aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) entnehmen.
- Preiserhöhung bei Umzug: Wenn der Stromanbieter für Ihre neue Wohnung höhere Preise berechnet, ergibt sich – wie bereits zuvor beschrieben – ein Sonderkündigungsrecht.
- Stromanbieter kann Sie nicht versorgen: Wenn Ihr Stromanbieter Sie am neuen Wohnort nicht mit Strom beliefern kann, steht Ihnen ebenfalls ein Sonderkündigungsrecht zu, weil Sie sich schließlich einen neuen Stromanbieter suchen müssen. Zudem haben Sie ein Kündigungsrecht, wenn Sie bei jemand anderes einziehen.
Das sollten Sie beim Ausüben Ihres Sonderkündigungsrechts beachten
Wenn Ihnen ein Sonderkündigungsrecht zusteht, sollten Sie die außerordentliche Kündigung gegenüber Ihrem bisherigen Versorger selber vornehmen. Überlassen Sie die Kündigung nicht ihrem neuen, potentiellen Anbieter, denn das Recht der außerordentlichen Kündigung steht nämlich in der Regel nur Ihnen selbst zu. Viele Stromanbieter gewähren Ihren Kunden bei Preiserhöhungen nur eine zweiwöchige Frist für die Sonderkündigung. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass keine Zeit verloren geht. Selbst wenn Sie den neuen Stromanbieter eine Vollmacht zur Kündigung ausstellen, besteht die Gefahr, dass die Frist nicht eingehalten wird.
Bei einem Sonderkündigungsrecht können Sie Ihren Vertrag vorzeitig beenden, vor Ablauf der normalen Laufzeit. Insbesondere bei langer Vertragslaufzeit und hohen Strompreisen lohnt es sich, das Sonderkündigungsrecht auszuüben.
In der Vergangenheit haben einige Anbieter behauptet, nie eine Kündigung erhalten zu haben. Aus diesem Grund empfehle ich Ihnen, die Kündigung postalisch per Einschreiben/Einwurf zu versenden. Nur so können Sie nachweisen, dass Ihr Brief beim Adressaten tatsächlich eingegangen ist.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir wollen von unserem Sonderkündigungsrecht, aufgrund völlig überzogener Abschläge, Gebrauch machen, aber der Stromanbieter akzeptiert dieses nicht. Wir haben schon einen neuen Anbieter, aber er darf uns nicht versorgen. Der bisherige Anbieter ist die N-ERGIE in Nürnberg. Was können wir tun? Wir wollen auf jeden Fall den Wechsel.
Für Ihre Rückmeldung bedanken wir uns schon jetzt im voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Walter
Sie können nur die Sonderkündigung aufgrund einer PREIS-Erhöhung vornehmen, solange die noch nicht wirksam ist.
EIne Abschlagserhöhung rechtfertigt keine Sonderkündigung. Aber Sie können die Abschlagserhöhung anfechten, da diese verhältnismäßig sein muss. Wenn der Preis um 50% steigt, dann darf der Abschlag auch nur um 50% steigen.
Ist eine Sonderkündigung eines Stromvertrages durch den Verbraucher gerechtfertigt, wenn dieser Vertrag gerade erst begonnen hat und der verlangte erste Abschlag etwa dreimal so hoch ist wie der letzte monatliche Abschlag beim Altversorger? Im vorliegenden Fall wurde der letzte Abschlag mit 115,– € berechnet.
Der neue Versorger verlangt jetzt plötzlich 330,– €. Daraufhin wurde das Sonderkündigungsrecht in Anspruch genommen. Sehr interessant die Antwort des neuen Versorgers: Er hat die Kündigung akzeptiert, allerdings erst mit einem Datum in zwei Jahren. Gleichzeitig teilte er in dieser Kündigungsbestätigung mit, dass bis dahin alle Abschläge zu zahlen seien. Ist so etwas rechtens? M.E. greift eine Sonderkündigung erheblich früher, im Idealfall sogar sofort.
Guten Tag mein Mann hat vor ein paar Monaten einen Vertrag telefonisch bei primastrim abgeschlossen. Es wurde ihm telefonisch bestätigt das wir eine Moabtliche Abschlagszahlung von 140 Euro hätten, nun haben wir kurz vor der Belieferung ein Schreiben bekommen das wir 300 Euro monatlich zahlen sollen den Vertrag kann ich nun nicht mehr widerrufen bzw. Der wiederruf wurde abgelehnt was kann ich den jetzt machen
Moin.Ich habe bei LichtBlick mein Sonderkündigungsrecht in Anspruch genommen.
Nun teilte an mir mit, das ich vor Ablauf von 1 Jahr nicht auf dem Vertrag komme. Trotz Sonderrechte. Was kann ich machen
Ich habe bei meinem Stromanbieter von dem Sonderkündigungsrecht gebrauch gemacht und er reagiert nicht mit der gewünschten Bestädigung. Was ich tun?
Vielen Dank für die hilfreichen Informationen.
Mein Gasanbieter hat die Sonderkündigung abgelehnt, mit der Begründung, dass durch die gesetzliche Gasumlage kein Sonderkündigungsrecht entsteht.
Welche Schritte sind sinnvoll um das Sonderkündigungsrecht durchzusetzen?
@C. Witter
Zum Themenkomplex GASUMLAGE und SONDERKÜNDIGUNGSRECHT bestehen unterschiedliche Auffassungen.
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass wegen der Erhebung der Gasumlage eine Kündigung bzw. Sonderkündigung nicht möglich ist, weil es sich – vereinfacht ausgedrückt – um eine vom Gesetzgeber und damit HOHEITLICH beschlossene verbrauchsabhängige Sonderumlage handelt.
Ungeachtet dessen ist im Energiewirtschaftsgesetz (§ 41 Abs. 5 und 6) klar geregelt, dass Kunden zu dem Tag kündigen können, an dem geänderte Preise in Kraft treten sollen. Eine Umlage wird dort NICHT als Ausnahme von dieser Regel genannt. Dies bedeutet bei entsprechender Auslegung, dass Verbraucher wegen einer Preiserhöhung aufgrund der Umlage den Vertrag kündigen können.
Bei Uneinigkeit zwischen Versorger und Verbraucher werden daher wohl die Gerichte entscheiden müssen, wenn bis dahin die GASUMLAGE nicht ehedem schon Geschichte ist, wonach es – Stand 27.09.2022 – aussieht.
Das ist meine persönliche Meinung.