Autor: Matthias Moeschler

Bisherige Stromanbieter-Insolvenzen waren für Verbraucher fatal

Über zwei Millionen Verbraucher waren von den Insolvenzen der Stromdiscounter Teldafax, Flexstrom (2013), CareEnergy (2017), Enversum (2018), e:veen (2018) und BEV (2019) betroffen.

Sie verloren ihr Guthaben und teilweise werden die ehemaligen Kunden auch noch heute mit skurrilen Forderungen konfrontiert. Da die Strom- und Gasversorgung nicht aufrechterhalten werden kann, werden die Verträge mit den Verbrauchern gekündigt und die teurere Grundversorgung springt ein. Viele Kunden klagen auf Verbraucherforen und Beschwerdeseiten, dass ihr Wechsel zum vermeintlich billigeren Anbieter ein Fehler war.

Häufig kündigten sich die Insolvenzen der Stromanbieter im Voraus an, indem z.B. Guthaben trotz Mahnungen den Verbrauchern nicht ausgezahlt und Geschäftsberichte nicht mehr fristgerecht veröffentlicht wurden: „Im Oktober 2010 wurde öffentlich, dass der Billigstromanbieter ein Fass ohne Boden war. Kunden zahlten ihren Strom im Voraus. Wenn sie ihre Guthaben einforderten, gerieten sie in eine endlose Warteschleife. Testierte Bilanzen existierten nicht, der Gründer des Unternehmens war schon wegen Anlagebetrugs verurteilt und je näher man hinschaute, desto hässlicher wurde das Bild. Die Bundesnetzagentur war als Aufsichtsbehörde schon 2008 darüber informiert, dass sich bei Teldafax die Rechnungen stapelten. Das Hauptzollamt Köln stellte 2009 die Insolvenzreife des Unternehmens fest. Doch da niemand die Vorstände stoppte, machten sie einfach weiter… Laut Insolvenzgutachten war Teldafax seit Juni 2009 insolvenzreif.“ (Quelle) Bei der Schlichtungsstelle gingen zahlreiche Verbraucherbeschwerden hinsichtlich verspäteter Guthabenauszahlungen ein, bevor CareEnergy letztendlich pleite ging.

Im Falle von e:veen häuften sich vor der Insolvenz die Beschwerden auf Reclabox. Viele Verbraucher beschwerten sich, dass die Rechnungserstellung sowie die Guthabenauszahlung nicht erfolgt und dass sie zu hohe Abschläge bezahlen müssen. Insofern kündigte sich die Insolvenz des Stromanbieters e:veen bereits im Voraus an.

Auch im Jahr 2018 beschweren sich zahlreiche Verbraucher über einzelne Stromanbieter, dass z.B. Ihre Guthaben nicht ausgezahlt werden. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, wenn Verbraucher verunsichert sind.

In diesem Beitrag möchte ich die Befürchtungen der Verbraucher zusammentragen. Ich argumentiere auch, dass Probleme dieser Art für Verbraucher leicht vermeidbar sind. Zusammenfassend kann ich allen Verbrauchern nur empfehlen, sich einen verbraucherfreundlichen Stromanbieter zu suchen. Hierzu habe ich eine praxiserprobte Vorgehensweise entwickelt.

Gründe für die zahlreichen Insolvenzen

Die Stromanbieter-Pleiten haben eines gemeinsam: Es handelt sich um Stromdiscounter ohne eigenes Strom- und Gasnetz, die aufgrund ihres riskanten Geschäftsmodells sich verkalkuliert haben. Deutlich wird dies z.B. im Fall von Enversum: Nach energate-Informationen hatte Enversum Strom zu sehr günstigen Konditionen verkauft und dabei auf weiter fallende Preise gesetzt. Es kam dann aber anders.

Laut einer Studie von A.T. Kearney aus dem Jahr 2012 fahren Stromdiscounter im ersten Vertragsjahr Verluste zwischen 175€ bis 145€ bei einem Vertrag mit 3.500 kWh ein. Die Stromdiscounter zahlen hohe Provisionen an Vermittler und gewinnen die Neukunden mit teuren Boni. Der Vertrag mit den Kunden rechne sich für den Anbieter nur, wenn Verluste in Form von schnellen und drastischen Preiserhöhungen und Einbehalten von Neukundenboni in den Folgejahren kompensiert werden würden. Dieses Geschäftsmodell sei laut A.T. Kearney riskant. Zudem gehe dieses Geschäftsmodell zu Lasten der Kundenzufriedenheit. Denn drastische Preiserhöhungen sind unzulässig (der Gewinnanteil darf nicht nachträglich gesteigert werden) und viele Bonus-Einschränkungen sind vor Gericht nicht durchsetzbar.

Die Befürchtungen der Verbraucher

Zu den häufigsten Beschwerden gehört, dass Strom- und Gasanbieter zu hohe Abschläge einziehen, Rechnungen nur verspätet erstellen und Guthaben häufig erst nach vielen Mahnungen auszahlen. Es wundert daher nicht, dass Kunden Zweifel an der Zahlungsfähigkeit dieser Stromanbieter haben und die nächste Insolvenz eines großen Stromanbieters befürchten:

Auf Reclabox fragte am 20.02.2018 ein Verbraucher: „Ist ExtraEnergie insolvent oder einfach nur dreist?

Ein anderer Verbraucher schrieb am 26.02.2018 in seiner Beschwerde gegenüber BEV: „Aufgrund der Häufigkeit derartiger Beschwerden im Internet könnte den Verdacht aufkommen lassen, daß das Ignorieren der Kundenforderungen entweder a) Teil des Geschäftsmodells ist oder b) die Finanzsituation der Firma (Gefahr der Insolvenz?) eine schnellere Bearbeitung nicht zuläßt.

Sind die Befürchtungen der Verbraucher begründet?

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Verbraucher die Parallelen zu den früheren Stromanbieter-Insolvenzen erkennen. Dennoch fehlt es mir bei der Diskussion an Fakten oder belastbaren Hinweisen. Belastbare Hinweise könnten z.B. die testierten Jahresabschlüsse der Energieversorger liefern. Aus diesem Grund habe ich die Jahresabschlüsse einiger Anbieter zusammengetragen (Stand: 26.02.2018, Quelle: Bundesanzeiger.de). Da ich kein Wirtschaftsprüfer bin, werde ich nur mit Vorsicht die Jahresabschlüsse kommentieren. Im Fall EVD habe ich als promovierter Betriebswert etwas dazugelernt: Trotz negativem Eigenkapital in Millionenhöhe lassen sich Insolvenzen abwenden, sofern die Zukunftsprognose der Geschäftsführung positiv ausfällt.

Ich hoffe sehr, dass die Bundesnetzagentur ihre Aufgabe gewissenhaft erfüllt und Verbraucher vor insolvenzreifen Energieversorgern schützt.

BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH:

Im Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 2015 ist ein Jahresüberschuss i.H.v. 4 Mio. € (Vorjahr: -4,6 Mio. €) ausgewiesen. Dies zeigt, wie volatil die Profitabilität und damit die finanzielle Stabilität des Unternehmens wohl sein könnte. Das Unternehmen sah 2015 die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage positiv (diese Formulierung ist im aktuellen Jahresabschluss 2017 nicht mehr enthalten):

EVD

(aktuell in Bearbeitung)

Ist EVD insolvent
EVD EnergieVersorgung Deutschland GmbH Geschäftsbericht 2015

Empfehlungen

Die Insolvenz eines Stromanbieters kommen Verbrauchern teuer zu stehen, da Guthaben verloren geht und der Verbraucher vorerst in der teuren Ersatzversorgung mit Energie versorgt wird. Zudem kündigten sich Stromanbieter-Pleiten in der Vergangenheit häufig mit z.B. versteckten Preiserhöhungen sowie Verzögerungen bei der Auszahlung des Guthabens an. Diesen Ärger können Sie sich leicht ersparen, indem Sie bei der Wahl Ihres Stromanbieters nicht nur auf den Preis, sondern auch auf Qualität achten. Leider listen die Tarifrechner nur die Unternehmen nach Preis auf und geben kaum Hinweise darauf, welche Stromanbieter verbraucherfreundlich sind.

Solange Sie Kunde bei einem vermeintlich insolvenzgefährdeten Stromanbieter sind, empfehle ich Ihnen Folgendes:

  1. Prüfen Sie, ob Sie zu hohe Abschläge zahlen.
  2. Drängen Sie darauf, dass Ihr Guthaben zeitnah ausgezahlt wird.

 

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Eine Antwort

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  1. jo, finde meine Situation hier 1 zu1 wieder . War Kunde von primastrom ( auch Gasversorger ) nach kurzer Vertragslaufzeit Erhöhung des Arbeitspreises und des Grundbetrages auf jeweils das Doppelte ! trotz sofortiger Beschwerde keine Kündigungsbestätigung, sondern Blockade des von mir gewählten Folgeversorgers. Abschiebung in die Grundversorgung. Keine Reaktion auf meine Forderung nach Guthabenerstattung , die zudem noch durch freche 2 x Einziehung von Pauschalbeträgen in ebenfalls fast doppelter Höhe hochgepuscht wurde . Mein ausstehendes Guthaben beläuft sich auf ca . 500 EUR.
    Auf meine Faxanforderung keine Reaktion, keine Telefonbedienung bei zig Anrufversuchen !