Hat sich Ihr Vertrag verlängert, weil Ihre Kündigung nicht anerkannt wurde? 

Folgende Argumente führen die Versorger an, mit denen sie eine zu späte Kündigung begründen:

  1. Die Kündigung sei beim Versorger nicht oder nicht ordnungsgemäß eingetroffen.
  2. Der Vertrag begann zum Zeitpunkt der Vertragsannahme – nicht zum Zeitpunkt der Belieferung.
  3. Die Kündigung per Fax / E-Mail wurde nicht anerkannt.

Welcher Sachverhalt trifft auf Sie zu?

Ich selber wechsle jährlich meinen Stromanbieter. Ich wähle nur Unternehmen, die ein geringes Insolvenzrisiko haben (aufgrund Eigentum an Netzinfrastruktur), verbraucherfreundliche AGB-Klauseln haben sowie in Stromanbieter-Tests zu Service-Qualität insgesamt gut abschneiden. Seitdem hatte ich nie wieder ein Problem.

In dieser Liste habe ich Ihnen zusammengestellt, welche Strom- und Gasanbieter ich empfehle

Autor: Dr. Matthias Moeschler; Stand: 15.11.2019

1. Die Kündigung sei beim Versorger nicht oder nicht ordnungsgemäß eingetroffen

Es ist fraglich, ob Stromanbieter formale Anforderungen an eine Kündigung stellen dürfen. Das LG Köln (AZ: 6 S 119/15) entschied z.B. in einem Fall, dass eine Kündigung auch dann wirksam ist, wenn kein Kündigungszeitpunkt angegeben wird. Ob andere Gerichte genauso entscheiden werden ist ungewiss und maßgeblich dürfte der jeweilige Sachverhalt sein. Vor diesem Hintergrund sollten Sie vorsichtshalber alle bekannten formalen Forderungen einhalten und z.B. auch den Kündigungstermin benennen. Sicher ist sicher. Für eine Kündigung hingegen genügt eine E-Mail oder ein (Computer-)Fax – der Stromanbieter darf ab dem 01.10.2016 nicht mehr verlangen, dass der Verbraucher postalisch kündigt. Der § 309 Nr. 13 BGB wurde angepasst und seitdem darf keine strengere Form als die Textform iSv. § 126b BGB vereinbart werden.

Darüber hinaus besteht auch die Gefahr, dass der Stromanbieter bestreitet, die Kündigung erhalten zu haben. Sie als Kunde müssen nachweisen, dass das Unternehmen die Kündigung erhalten hat. Vor diesem Hintergrund ist zu stets zu empfehlen, dass Sie die Kündigung postalisch per Einschreiben/Einwurf oder Einschreiben/Rückschein versenden (Kosten ca. 3 €) und unterschreiben. Bei einer zeitkritischen Kündigung sollten Sie den Brief per Einschreiben/Einwurf versenden, weil andernfalls Ihr Stromanbieter bei Einwurf/Rückschein den Empfang der Kündigung um ein paar Tage verzögern kann. Nun könnte der Empfänger behaupten, dass dieses Schreiben nicht die Kündigung enthalten hat. In einem Urteil hat das AG Bad Kreuznach (AZ: 21 C 98/14) jedoch dem Kunden geglaubt, dass er die Kündigung auch im Original unterschrieben hat und damit die in den AGBs geforderten Schriftformelerfordernisse erfüllt wurden. Vor diesem Hintergrund erachte ich die teurere Variante der Gerichtsvollzieherzustellung (Preis ca. 13 €) nur für jene als geeigneter an, die sich wirklich zu 100% absichern wollen.

2. Der Vertrag begann zum Zeitpunkt der Vertragsannahme – nicht zum Zeitpunkt der Belieferung.

Verbraucher beschweren sich auf de.reclabox.com, dass Stromanbieter immergrün (iinkl. Meisterstrom; IdealEnergie) ein früheres Vertragsende und damit einen früheren Kündigungstermin damit begründet, dass der Vertrag mit der Annahmeerklärung durch den Energieversorger zustande kam. Gerichte, wie z.B. das AG Bad Kreuznach (AZ: 21 C 98/14) befindet die AGBs der 365 AG, in der der Vertragsbeginn geregelt waren, als widersprüchlich.

Grundsätzlich spricht auch einiges dafür, dass der Stromlieferant die Auftragsbestätigung und nicht den Belieferungszeitpunkt als Vertragsbeginn wählen darf. Das AG Bad Kreuznach stimmte im betrachteten Fall der Argumentation der 365 AG zu, dass „die Laufzeit eines Dauerschuldverhältnisses grundsätzlich mit dem Abschluss des Vertrages beginnt, hier also mit der Annahmeerklärung der Klägerin, und nicht mit dem Beginn der Belieferung, vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2012, Vlll ZR 14/12.“

Für Ihren Sachverhalt ist entscheidend, welche Formulierung zum Vertragsschluss vorlag. Dem AG Bad Kreuznach lag folgende Formulierung der AGB Nr. 2 (1) vor:

„(1) Der Vertrag kommt – vorbehaltlich der Regelungen in Abs. 2 – durch die Annahmeerklärung des Energieversorgers zustande und beginnt mit Aufnahme der Belieferung.

Der von mir fett hervorgehobene Passus wurde in der Zwischenzeit entfernt – die 365 AG hat somit dazugelernt. Somit dürfte die Mehrdeutigkeit, wann der Vertrag beginnt, bei neuen Verträgen entfallen sein.

Ob Ihre Beschwerde gute Erfolgsaussichten hat, hängt somit davon ab, welche AGB-Formulierung bei Ihnen zu Vertragsbeginn vorlag. Sofern bei Ihnen zu Vertragsabschluss keine mehrdeutige Formulierung verwendet wurde, können Sie ggf. noch argumentieren, dass bei der Auftragsbestätigung kein Kündigungstermin kommuniziert wurde (sofern dies natürlich der Fall ist; bei mir wurde nur der Belieferungszeitpunkt angegeben) oder dass diese Regelung überraschend ist. Die Erfolgsaussichten dieser Argumentation kann ich nicht abschätzen, weil mir keine Urteile zu diesem Sachverhalt vorliegen. Aus meiner Sicht trägt der Stromanbieter eine große Verantwortung, dass dem Verbraucher die Vertragslaufzeit, den nächstmöglichen Kündigungstermin und die Kündigungsfrist bekannt ist. Dies muss aus dem Vertragsangebot klar ersichtlich sein. Zudem müssen diese Angaben auch in der Stromrechnung gemäß §40 EnWG angegeben sein. Hat der Stromanbieter nicht für die nötige Transparenz gesorgt, so trägt dieser zumindest eine Teilschuld. Berücksichtigt man zudem, dass ein Vertragsbeginn mit der Auftragsbestätigung bei Stromverträgen untypisch ist, so dürfte es aus Verbrauchersicht überraschend und somit unzulässig sein, die Kündigung zu verweigern.

3. Die Kündigung per Fax / E-Mail wurde nicht anerkannt

Seit Oktober 2016 müssen Stromanbieter eine Kündigung per E-Mail oder per Fax akzeptieren. Siehe hier.

Empfehlungen zum weiteren Vorgehen

Widersprechen Sie der nicht anerkannten Kündigung mit den zuvor genannten Argumenten, die auf Ihren Fall zutreffen. Wenn Ihr Stromanbieter nicht wie gewünscht reagiert, empfehle ich Ihnen, sich auf Reclabox zu beschweren. Dadurch wird Ihr Fall auf der Internetseite öffentlich, dies erhöht den Druck auf den Energieversorger, das Problem zu lösen. Hilft auch dies nichts, dann wenden Sie sich an die Schlichtungsstelle.

Nach erfolgreicher Kündigung sollten Sie bei der Auswahl Ihres nächsten Stromanbieters darauf achten, dass der Anbieter schon seit einigen Jahren am Markt aktiv ist, seine AGBs keine überraschende Klauseln beinhalten (insbesondere hinsichtlich Bonus-Auszahlung) und ob im Internet Beschwerden über den Stromanbieter zu finden sind. Den Bewertungen auf den Vergleichsportalen vertraue ich nicht mehr. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Kundenbewertungen lediglich den Wechselprozess widerspiegeln – Beschwerden und unlautere Machenschaften der Anbieter sind dort nur selten zu finden

Fragen / Anmerkungen / Erfahrungen

Wenn Sie Anmerkungen und Fragen haben, oder über Ihre eigenen Erfahrungen berichten können, dann freue ich mich über einen Kommentar von Ihnen! Damit tragen Sie dazu bei, dass auch andere betroffene Verbraucher von Ihrem Wissen profitieren.

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21 Kommentare

  1. weil ich die Kündigung auf der Homepage meines Stromanbieters nicht gefunden habe, habe ich Umzug angegeben. Danach hatte ich einen neuen Vertrag, den ich gar nicht haben möchte. Ich habe sofort die Kündigung, Sonderkündigung und Widerrufsrecht per Fax gesendet. Doch die wollen mich nicht aus dem Vertrag lassen, dabei habe ich in der neuen Wohnung einen Stromanbieter. Der meinen Freund gehört, die Stadtwerke hat gesagt die können keinen neuen Vertrag anmelden, da ich keinen neuen Stromzähler angegeben habe. Darauf hin bekomme ich ständige Anrufe vom Anbieter E wie einfach, ich soll ich muss beweisen. Das ich einen neuen Anbieter in der Wohnung habe, obwohl die 14 Tage noch nicht um sind. Wie geh ich vor, das ich keine rechtlichen Schritte einleiten muss.

  2. Guten Tag,

    ich bin im April 2020 von der NEW Niederrhein zu Q- Cells gewechselt und konnte bis zum 31.10.21 wegen einer Preiserhöhung ausserordentlich kündigen. Dies hat meine neuer Anbieter Octopus übernommen. Q- Cells weist die Kündigung zurück mit der Begründung, ich hätte selbst kündigen müssen. Dies habe ich beim Wechsel zu Q- Cells auch nicht getan sondern Q- Cells hat das übernommen. Wie können die einen Vorgang verwehren, den sie selbst durchführen? Ich habe mehrfach auch mit einem Hinweis darauf um die Kündigungsbestätigung gebeten und erst einmal das SEPA- Mandat entzogen. Was kann ich noch tun, um aus dem Vertrag zu kommen? Ich mag jetzt auch nicht mehr nachgeben.

  3. Ich habe einen neuen Vertrag abgeschlossen, nachdem mein Ex-Mann auszog. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen, wurde mein Ex-Mann wieder als Vertragsnehmer eingetragen, ich unterschrieb aber.
    Nach einigem hin und her, bekam ich einen neuen korrekten Vertrag, weil der erste fehlerhafte Vertrag nicht geändert konnte. Dieser korrekte Vertrag läuft aber nicht an, weil der fehlerhafte Vertrag nicht von mir gekündigt werden kann, da ich zwar unterschrieb, aber ja nicht als Vertragsnehmer benannt bin.
    Nun erhält mein Ex-Mann für den fehlerhaften Vertrag Mahnungen auf meine E-Mailadresse. Rechnungen kamen keine.
    Ich könnte sie zwar einfach bezahlen, aber der Vertrag läuft dann fehlerhaft weiter und ein Anbieterwechsel ist mir nicht möglich, da der alte Vertrag ja nicht von mir gekündigt werden kann.
    Was kann ich noch tun, da Telefonate und Mails nichts bringen.